Evangelische Kirche Costa Blanca
Tourismuspfarramt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)
für deutschsprachige Touristen und Residenten an der Costa Blanca

Wort zum Wochenende (Palmsonntag 2020)


Mit dem Palmsonntag beginnt in Spanien die Semana Santa. In diesem Jahr führen keine getragenen farbenfrohe Prozessionen durch unsere Städte. Stattdessen sorgen Militär und Polizei schon an den Zufahrtsstraßen für eine gespenstisch stille Situation. Semana Santa 2020.

Vom Volksfest an einem Tag und der Stille und Leere am anderen Tag ist schon im biblischen Bericht über die erste Semana Santa zu lesen:
Da wurde zu Palmsonntag Jesus jubelnd in Jerusalem empfangen, da folgten Tage der Einsamkeit, der Verhaftung, des Todes. Da gab es Hoffnungen und Enttäuschungen bei seinen Freundinnen und Freunde. Wechselbäder der Gefühle. Und irgendwann wurde es doch Ostern.

Wechselbäder der Gefühle gibt es auch in Corona Zeiten. Da gibt es an sonnigen Tagen den Blick auf die schönen Dinge. Das Alltägliche, das man bisher zu selbstverständlich hingenommen hat. Da sind Erfahrungen von Verbundensein und Nähe trotz Kontaktverbot. Da gibt es Telefongespräche mit Menschen, mit denen der Kontakt längst abgerissen war.

Aber immer wieder ist auch die andere Seite da: Die Zahlen der Hopkins-Universitäten, die Bilder aus Krankenhäusern, die Momente, in denen mir die Decke über dem Kopf zusammen brechen droht – und die Angst, was in Zukunft sein wird, wirtschaftlich und ganz existenziell, oder was mit denen sein wird, die schon vor der Krise außen vor waren.

Es ist schwer, beides nebeneinander auszuhalten. Mir persönlich hilft dabei, was uns in unserem Glauben in der Semana Santa ganz dicht beieinander aufgezeigt wird: Jesus, der Heilmacher, der Heiland der Welt ist nicht nur der, dem alle zujubeln. Er ist nicht der große Magier, der mit einem Zauberstreich alle Probleme löst und alle Hoffnungen erfüllt. Sondern er ist der, der sich selbst mitten in das Elend begibt. Der aushält, der mit-leidet. Im wahrsten Sinne. Der einen ernst nimmt. Der sich nicht aus dem Staub macht.

Diesem Gott möchte ich mich anvertrauen. Und ich möchte darauf vertrauen, dass ich mit diesem Gott neu ins Leben gehen werde.

 

 

Der Schweizer Pfarrer und Schriftsteller Kurt Marti (1921-2017) schrieb:

JESUS
mit einer schar von freunden (freundinnen auch)
durch galiläas dörfer und städte ziehend
hat er kranke geheilt und geschichten erzählt
von der weltleidenschaft des ewigen gottes
privilegien der klasse der bildung galten ihm nichts
zu seinem umgang zählten tagelöhner und zöllner
wo mangel sich zeigte an nahrung oder getränk
teilte er fische brot und wein aus für viele
die gewalt von gewalthabern verachtete er
gewaltlosen hat er die erde versprochen
sein thema: die zukunft gottes auf erden
das ende von menschenmacht über menschen
in einer patriarchalischen welt blieb er der sohn
und ein anwalt unmündiger frauen und kinder
wollten galiläer ihn gar zum könig erheben?
er aber ging hinauf nach jerusalem:
direkt seinen gegnern ins garn
auf einem jungesel kam er geritten — kleinleute-messias:
die finger einer halbweltdame vollzogen die salbung an ihm…
bald verwirrt bald euphorisch folgten ihm die freunde die jünger
um bei seiner verhaftung ratlos unterzutauchen ins dunkel
über sein schweigen hin rollte der schnelle prozess
ein afrikaner schleppte für ihn den balken zum richtplatz hinaus
stundenlang hing er am kreuz:
folter mit tödlichem ausgang —
drei tage später die nicht zu erwartende wendung
anstatt sich verstummt zu verziehen ins bessere jenseits
brach er von neuem auf in das grausame diesseits
zum langen marsch durch die viellabyrinthe
der völker der kirchen und unserer unheilsgeschichte
oft wandelt uns jetzt die furcht an er könnte
sich lang schon verirrt und verlaufen haben
entmutigt verschollen für immer vielleicht —
oder bricht er
er noch einmal (wie einst an ostern) den bann?
und also erzählen wir weiter von ihm
die geschichten seiner rebellischen liebe
die uns auferwecken vom täglichen tod —
und vor uns bleibt: was möglich wär’ noch

04. April 2020


Veröffentlicht am , in der Rubrik: Aus dem Pfarramt (Stichworte: ) | 
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