Wer predigt denn da?
Das mögen Sie sich fragen, lieber Gottesdienstbesucher, wenn Sie einen auf die Kanzel steigen sehen und es sicher nicht einer unserer Pfarrer ist. Sie werden wissen, dass ein evangelisches Leben, besonders in der Diaspora oder wie wir hier an der Costa Blanca, das sich über mehr als 450 km an der Mittelmeerküste entlang zieht, kaum möglich ist ohne all die engagierten Mitglieder, die dem Pfarrer in seinen vielfältigen Aufgaben in der Seelsorge, bei Amtshandlungen, Verkündigung, Verwaltung der Sakramente sowie Besuchsdienst und Gefangenenseelsorge tatkräftig zur Seite stehen.
Zu diesen freiwilligen ehrenamtlichen Mitarbeitern gehören auch wir Prädikantinnen und Prädikanten (lat. prædicare = predigen), Nichttheologen aller Altersgruppen, Berufe und sozialen Schichten. Wir sind von den jeweiligen Pfarrern vorgeschlagen worden und haben an einer speziellen theologischen Ausbildung teilgenommen, die Bibelkunde, die Auslegung (Exegese) von Bibeltexten, Glaubenslehre (Dogmatik), Grundkenntnisse der Predigtlehre, Aufbau der Liturgie und den Sinn der einzelnen liturgischen Elemente, Gestaltung von Gottesdiensten, Liturgische Präsenz, Gestaltung von Abendmahlfeiern, Trauerfeiern, Taufen und Hochzeiten umfasst und in zeitlichen Abständen durch Fortbildungsseminare vertieft wird. Mit Einsegnung und einer entsprechenden Urkunde sind wir von der EKD zur freien Wortverkündigung und zur Sakramentsverwaltung, d.h. Austeilung der Sakramente (Abendmahl, Taufe) beauftragt und auch zum Halten von Kasualdiensten berechtigt.
Diese Beauftragung ist zeitlich begrenzt, kann aber auf Empfehlung der EKD jeweils erneuert werden und ist auf die örtliche Gemeinde, hier deutschsprachiges evangelisches Tourismuspfarramt Costa Blanca, beschränkt. Untereinander stehen wir in lebhaftem Austausch unserer Erfahrungen, die wir in Ausübung unseres Amtes machen und sind für jede konstruktive Kritik offen.
Im Sinne des Allgemeinen Priestertums aller Gläubigen
geht die Tradition der Laienprediger schon auf die Reformationszeit zurück. Die heutige Form des ehrenamtlichen Verkündigungsdienstes entstand als eine Notmaßnahme im 2. Weltkrieg, als viele Pfarrer als Soldaten an die Front berufen wurden und befähigte Männer und z. T. auch Frauen sie in ihrem Dienst vertreten mussten.
Nach Ende des Krieges wurde das Prädikantenamt neu geordnet und gilt längst nicht nur als Vertretungsdienst und zur Entlastung für den Pfarrer. Wir Prädikanten können aufgrund unseres sozialen Eingebundenseins in den verschiedensten Berufen und Lebensumständen und unserer ganz persönlichen Lebens- und Glaubenserfahrungen ganz andere Aspekte in die Verkündigung und Gottesdienstgestaltung einbringen als unsere Pfarrer und somit das evangelische Leben positiv beeinflussen.
- Dr. Wolfgang-Peter Bethe
- Kerstin Döscher-Mühlbacher
- Dr. Sigrid Hempel Döring
Übrigens wird von der EKD ab 2017 wieder eine neue Prädikanten-Ausbildung angeboten. Falls Sie Interesse haben, informiert Sie das Tourismuspfarramt der EKD an der Costa Blanca gerne (Tel. 692 422 485)